OpenAI steht kurz vor dem KI-Modell Release von ‚Strawberry‘. Laut einem Bericht von ‚The Information‚ soll das Modell in den kommenden zwei Wochen in die ChatGPT-Dienste eingeführt werden. Strawberry verspricht, unsere Interaktion mit KI anders zu gestalten – allerdings nicht ohne Kompromisse.
(13.09.2024: Strawberry wird zu OpenAI o1 – lese unseren Artikel zum Release)
Verbesserte Analysekapazität auf Kosten der Geschwindigkeit
Wenn wir in 14 Tagen nach dem Release von ‚Strawberry‘ das neue Premium-Model austesten können, müssen wir uns in Geduld üben. Das Modell gönnt sich nämlich nach dem Prompt eine Bedenkzeit für die Antwortgenerierung. Es benötigt wohl 10 bis 20 Sekunden, um eine Anfrage zu verarbeiten, bevor es antwortet. Die absichtliche Verzögerung soll logisch verknüpftes Denken ermöglichen. Gemeint ist hier die Chain-of-Thought-Methode, die bis dato immer in Kleinstarbeit beim Prompting durch den User berücksichtigt und erklärt werden musste. Dies soll nun ohne weiteres Zutun automatisch initiiert werden, sodass die Antwortqualität besser wird.
Brancheninfluencer, Experten und KI-Community sehen hier eine verbesserte Verarbeitung für komplexe Aufgaben wie beim Schreiben von Programmiercode. Das Lösen von mathematischen Problemen wird nicht mehr so oft zu falschen Ergebnissen führen. Auch werden wir mehr Input und kreative Denkanstöße durch die Erstellung/Ausarbeitung von Geschäftsstrategien bekommen. Unsere Gespräche mit der künstlichen Intelligenz werden wir weniger als oberflächlich wahrnehmen. Der Austausch wird nuancierter und targetierter sein.
‚Strawberry‘ setzt auf eine deliberative Methodik. Dies bedeutet, dass das Modell nicht nur oberflächlich reagiert, sondern tiefergehende Analysen und relevantere Einsichten liefert. Die längere Verarbeitungszeit wird für manche gewöhnungsbedürftig sein. Wer an die schnellen Reaktionen aktueller KI-Modelle gewöhnt ist, muss sich umstellen.
Nutzung und Verfügbarkeit
Strawberry‘ wird als eigenständiges LLM innerhalb der ChatGPT-Plattform verfügbar werden. Wahrscheinlich wird es wie GPT-4o und GPT-4o mini über das Dropdown-Menü am oberen linken Bildschirmrand des Chatfensters ausgewählt. Am Anfang wird das Model noch nicht multimodal sein. Es soll nur textbasierte Anfragen verarbeiten können.
Zu erwarten ist, dass ‚Strawberry‘ auch stärker in der Textgenerierung sein wird. Dem kreativen Schreiben von Marketingtexten, Geschichten oder Poesie sowie beim Schreiben von E-Mails. Auch beim rationalem Textverständnis dürfte das Modell deutlich besser sein. Es wird Stimmungen, Absichten und Kontexte in schriftlicher Form detailgenauer erfassen und analysieren können.
Für Unternehmen könnte der Release von ‚Strawberry‘ herbeigesehnt werden. Hier ist Genauigkeit oftmals wichtiger als die reine Geschwindigkeit. Eine Umfrage des HR-Spezialisten Peninsula ergab, dass Ungenauigkeiten für 41 % der Unternehmen, die generative KI erforschen, wichtig sind.
Leider sind die Preisdetails noch unklar. Wie bei den früheren Modellen GPT-4 & GPT-4o wird OpenAI wohl wieder Nachrichtenlimits einführen. Dabei würde die Anzahl der gesendeten Nachrichten pro Stunde begrenzt. Höherpreisige Pakete wie ChatGPT Plus & Enterprise werden vielleicht wieder schnellere Antwortzeiten und erhöhte Limits bieten. Glauben wir dem Rumoren im Netz, werden zahlende ChatGPT-User zuerst Zugang erhalten. Die Masse der User, die mit der kostenlosen Version arbeiten wollen, wird ggf. warten müssen.
Unterschiedliche Reaktionen zum Release von ‚Strawberry‘ & offene Fragen
Erste Testnutzer sind geteilter Meinung. Einige Anwender empfanden die zusätzliche Verarbeitungszeit nicht immer gerechtfertigt zur Qualität des Outputs. Andere kritisierten Inkonsistenzen in der Fähigkeit des Modells, Kontext aus vorherigen Interaktionen zu merken oder benutzerdefinierte Anweisungen genaustens zu befolgen. Auch wird die lang erwartete und überholte ChatGPT-Sprachfunktion und das Arbeiten mit hochgeladenen Dateien vermisst.
Es bleibt die Frage, wie vielen Nutzern ‚Strawberry‘ tatsächlich zur Verfügung stehen wird. OpenAI hat in der Vergangenheit oft Funktionen angekündigt, wo viel Geduld gefragt war. Lange Zeit sind neue Funktionen erst einem kleinen Teil der Nutzer zugänglich gemacht worden.
Schlussfolgerung und Ausblick
Die Einführung von ‚Strawberry‘ ist seit Sam Altmans Erdbeergarten-Social-Media-Post lang herbeigesehnt. Der Standard-Schreibstil geht vielen in der Community auf den Wecker, und wir sehnen uns nach einer frischeren und abwechslungsreichen Ausdrucksweise. Nicht umsonst hat eine große Masse an Anwendern Sonnet 3.5 von Anthropic zum Lieblings-LLM erklärt.
Auch bleibt abzuwarten, wie schnell die Wartezeit vor dem Antworten nervig wird.
Wir werden sehen, ob die hohen Erwartungen erfüllt werden können. AI-Handwerk kann den Release von ‚Strawberry‘ kaum erwarten. Wir sind auf die Veröffentlichung neuer Benchmarks gespannt, die das Kräftemessen der KI-Erdbeere mit der Konkurrenz darstellen.